Arantzazu Saratxaga Arregi: Digitalisierungsschub und Komplexität. Die algorithmische Epistemologie in Diskussion
2. Mai & 3. Mai 2024, jeweils 14-17 Uhr
Peter Weibel-Forschungsinstitut für digitale Kulturen, Multimediaraum, Raum 102, 1. Stock, Expositur Georg-Coch-Platz (= Ehem. PSK), Georg‐Coch‐Platz 2, 1010 Wien.
Anmeldung via arantzazu.saratxagaarregi@uni-ak.ac.at
In einem zweitägigen Workshop wird das algorithmische Erkenntnismodell als Lösungsansatz für Komplexität kritisch diskutiert. In der ersten Sitzung geht es darum, den gewandelten Ordnungsbegriff nach der Komplexitätswende zu erläutern; die zweite widmet sich einer kritischen Annäherung an die algorithmische Determinierung von Ordnungen als Lösungsansatz für die Komplexität und als Erkenntnisgewinn aus systemischer Komplexität.
Computermodelle sind eine Technik der Digitalisierung. Sie sind heute als technische Lösung für die Probleme der Komplexität wirksam (Nassehi 2021: 36). Die aktuelle Komplexitätsforschung bemüht sich mit algorithmischen Techniken darum, Komplexität zu reduzieren. Es werden Modelle, Algorithmen und Messmethoden eingeführt, um Ordnungen in der Unordnung zu finden, das heißt Muster zu erkennen. Das Ziel der gegenwärtigen Komplexitätswissenschaft besteht darin, Ungewissheiten mit quantitativen und prädiktiven Methoden zu erforschen. Es werden Wiederholungen gesucht, Ordnungen geschaffen und Vorhersehbarkeiten festgelegt. Die Frage der Suche nach Ordnungen ist genau jene, die den Modellen als Technik für die Lösung der Komplexität nachgeht (Mainzer 2008: 11). Zweifellos hat die Implementierung von Computermodellen als Lösung systemischer Komplexität einen derartigen Digitalisierungsschub bewirkt, dass heute die digitale Wende keinen bloßen Wendepunkt von Kommunikationstechnologien bedeutet, sondern eine Transformation der sozialen Strukturen erfordert.
Die epistemologischen Konsequenzen einer solchen technischen Propädeutik sind erheblich: Ziel und Zweck von Computermodellen sind es, die nicht-linearen, emergierenden, selbstorganisierenden, automatisierten Prozesse „erheblich besser zu verstehen“ (Holland 1998: 4). Die Ordnungen, nämlich die Art und Weise, die Realität zu strukturieren, insofern sie zu ordnen ist, sind algorithmisch. Komplexe Zustände werden durch algorithmische Dynamik geordnet. Ordnung bringen heißt dann, Ungewissheiten eliminieren und ein prädiktives Verständnis natürlicher und sozialer Systeme gewinnen.
Ein solches quantitatives und technokratisches Modell führt zu einem rückkoppelnden Verhältnis zwischen Digitalisierung und Komplexität: Komplexität ist nicht als Problem gesehen, sondern als Lösungsansatz für einen systemischen Digitalisierungstrieb der algorithmischen Technokratie. Das Ziel des Workshops besteht darin, das Erkenntnismodell der algorithmischen Determinierung als Form der Reduktion der Komplexität zu diskutieren.
*Komplexität und Kontinenz: Ordnungsbegriff im Wandel
Complexity and Continence: Concept of Order in Transition
*Algorithmische Determinierung angesichts einer kritischen Analyse des digitalen „Unordnungsbegriffs“